Moral und Ethik als Investitionskriterien: Eine persönliche Reflexion
Bei Aktieninvestitments geht es häufig nur um Zahlen: Gewinnmaximierung, Renditen und Marktentwicklungen. Für mich persönlich habe ich dabei lange Zeit keine moralischen oder ethischen Maßstäbe angelegt – mit einer Ausnahme: Rüstungsgüter. Während ich beispielsweise in den Bereichen Tabak oder Alkohol keine ethischen Bedenken habe, habe ich mich bisher bewusst gegen Investitionen in Unternehmen entschieden, die Waffen herstellen. Der Grund dafür schien klar: Tabak und Alkohol schaden in erster Linie dem Konsumenten, aber Waffen töten andere Menschen. Doch je länger ich darüber nachdenke, desto mehr hinterfrage ich meine bisherige Haltung.
Der naive Traum von einer Welt ohne Waffen
Natürlich wäre eine Welt ohne Waffen und Kriege wünschenswert, keine Frage. Doch ich bin nicht naiv: eine solche Welt ist unrealistisch. Konflikte wird es immer geben, und Staaten müssen in der Lage sein, sich zu verteidigen. Innere und äußere Sicherheit sind zentrale, wenn nicht gar die einzigen relevanten, Aufgaben jedes Staates, und diese Sicherheit kann nur mit funktionierenden Armeen und Sicherheitsorganen gewährleistet werden. Daher ist die Existenz von Waffen und Armeen schlicht notwendig, um das staatliche Gewaltmonopol und die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten.
Nebenbei bemerkt, komme ich zunehmend zu der Überzeugung, dass die Idee eines bewaffneten Volkes als Gegengewicht zu einem übermächtigen Staat, wie es in der amerikanischen Verfassung verankert ist und in der Schweiz praktiziert wird, längst nicht so abwegig ist, wie man es uns hierzulande glauben macht.
Die Rolle der Rüstungsindustrie in der Verteidigung
Wenn es also Waffen geben muss, brauchen wir auch Rüstungsunternehmen, die diese herstellen. Aber sollten diese Unternehmen staatlich oder privat geführt sein? Ich bin überzeugt, dass der Staat kein guter Unternehmer ist. Innovation, Effizienz und Fortschritt gedeihen am besten in der Privatwirtschaft. Damit Rüstungsunternehmen in der Lage sind, ihre Aufgabe zu erfüllen, müssen sie Gewinne erzielen, um in Forschung und Entwicklung investieren zu können. Nur so kann die Verteidigungsfähigkeit eines Landes langfristig aufrechterhalten werden.
Moralisches Dilemma: Rationales Verständnis vs. emotionale Ablehnung
Doch wenn ich nun rational der Meinung bin, dass Rüstungsunternehmen eine notwendige Funktion in unserer Gesellschaft erfüllen, warum lehne ich dann eine Investition in diese Branche weiterhin ab? Steht meine moralische Abneigung gegen Waffen nicht im Widerspruch zu meiner Überzeugung, dass Waffen für den Schutz der Gesellschaft erforderlich sind?
Ich frage mich, ob meine Ablehnung tatsächlich auf moralischen Bedenken gegenüber Waffen selbst beruht, oder ob nicht vielmehr die Problematik der mangelhaften politischen Kontrolle von Waffenexporten das eigentliche Problem darstellt. Immer wieder geraten Waffen in die falschen Hände: in autoritäre Regime, Kriegsgebiete oder zu kriminellen Organisationen. Ist es also nicht die unzureichende Einhaltung von Export- und Handelsvorschriften durch die Politik, die ich kritisieren sollte, anstatt die Rüstungsunternehmen per se?
Fazit: Eine neue Perspektive auf Rüstungsinvestitionen?
Letztlich stellt sich die Frage: Sollte ich meine bisherige moralische Ablehnung von Investitionen in Rüstungskonzerne überdenken? Wenn ich rational überzeugt bin, dass Waffen notwendig sind, warum sollte ich nicht in etwas investieren, das ich grundsätzlich für sinnvoll halte? Vielleicht liegt die Antwort nicht in der Ablehnung der Rüstungsindustrie, sondern in der Forderung nach strengeren Regeln für den Waffenhandel und insbesondere verantwortungsvollerer politischer Aufsicht auf Basis bestehender Regeln.
Was denkt Ihr? Ich freue mich, eure Meinung zu diesem Thema zu hören, teilt gerne eure Ansichten zu ethischen und moralischen Investitionskriterien und speziell zur Rüstungsindustrie in den Kommentaren.